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Was kostet es, den Hunger in der Welt bis 2030 nachhaltig zu beenden? Diese Frage stellte das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) und beauftragte zwei Forschungsteams, eine Antwort zu finden. Die Ergebnisse der Studien werden am 13. Oktober im Vorfeld des Welternährungstages vorgestellt.
Nach Jahrzehnten des stetigen Rückgangs steigt die Zahl der Hungernden seit 2015 wieder an, also ausgerechnet seit Inkrafttreten der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Wie kommt dieser Widerspruch zustande?
Tatsächlich ist die Zahl der weltweit hungernden Menschen laut FAO zuletzt auf 690 Millionen Menschen gestiegen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. In den letzten Jahren haben vor allem Klimaextreme in Form von Dürren und Überschwemmungen, außerdem auch die Zunahme von bewaffneten Konflikten die Anstrengungen zur Beendigung von Hunger und Mangelernährung untergraben. Am stärksten davon betroffen ist die Bevölkerung Subsahara-Afrikas, wo nahezu jeder vierte Mensch unternährt ist.
Diese bestehenden Katastrophen wurden im Jahr 2020 durch die anhaltende Covid19-Pandemie und die schlimmste Heuschreckenplage seit Jahrzehnten in einem Maße verschärft, mit dem niemand rechnen konnte. Ausgangssperren verhindern, dass Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ihre Felder bestellen und ihre Erträge auf die lokalen Märkte bringen können. Seit Beginn des Jahres fallen Millionen von Wüstenheuschrecken über ganze Landstriche Afrikas her und zerstören Äcker und Weiden. Den Menschen bleibt kaum noch eine Erholungsphase zwischen den sich überlagernden Katastrophen.
Ist das Ziel, bis 2030 den weltweiten Hunger zu besiegen, in Anbetracht dieser Lage überhaupt noch realisierbar?
Die Zahlen lassen befürchten, dass das Erreichen von SDG2 „Zero Hunger“ bis 2030 trotz intensiver Bemühungen gefährdet ist. Es ist deshalb unabdingbar, schnell und zielgerichtet zu handeln. Herausforderungen wie die Corona-Pandemie, der Klimawandel und die zunehmende Knappheit natürlicher Ressourcen verlangen nach globalen Antworten. Investitionen und Wiederaufbau müssen so gestaltet werden, dass die betroffenen Bevölkerungen auf zukünftige Schocks besser vorbereitet sind.
Deutschland nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, indem es politische Verantwortung übernimmt und dringend benötigte Mittel mobilisiert hat. Aber allein schaffen wir es nicht. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, in Europa und global. Und wir müssen wissen, was es konkret kosten wird, den Hunger in der Welt bis 2030 nachhaltig zu beenden, und welche Maßnahmen dabei die effektivsten sind. Antworten darauf liefern zwei vom BMZ beauftragte Studien, deren Ergebnisse am 13. Oktober bei der virtuellen Veranstaltung „Eine Welt ohne Hunger ist möglich – was zu tun ist“ durch den Bundesentwicklungsminister vorgestellt werden.
Hunger ist immer noch überwindbar! Doch je länger wir warten, desto teurer wird eine Welt ohne Hunger.
Können Sie diese Studien genauer beschreiben?
Die beiden Studien basieren auf einer ähnlichen Fragestellung, zielen aber in leicht unterschiedliche Richtungen. Die Studie des internationalen Forschungsprojekts Ceres2030 nutzte eine eigens entwickelte Künstliche Intelligenz für eine umfassende Analyse wissenschaftlicher Studien. Das Ergebnis umfasst zum einen eine Modellierung der konkret benötigten Kosten, um Hunger durch landwirtschaftliche Produktivitätssteigerung weltweit zu beenden. Dabei wurde als weiterer Kernaspekt die nachhaltige Nutzung der verfügbaren Ressourcen berücksichtigt. Darüber hinaus zeigt die Meta-Studie, welche Maßnahmen am effektivsten dazu beitragen, den Hunger weltweit zu beenden. Kurz gesagt: Wo erreichen wir mit jedem eingesetzten Euro die größtmögliche Wirkung im Hinblick auf unser gemeinsames Ziel?
Die zweite Studie wurde vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn in Kooperation mit der FAO durchgeführt. Diese Studie analysiert insbesondere, inwieweit die G7-Länder bereits auf die Herausforderungen der Hungerbekämpfung reagiert und die Zusage erreicht haben, 500 Millionen Menschen aus Hunger und Armut zu führen. Das haben wir nämlich beim G7-Gipfel 2015, der unter deutscher Präsidentschaft in Elmau stattfand, versprochen. Auch hier spielt die Ermittlung der effektivsten und kostengünstigsten Investitionsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. Allerding liegt der Fokus hier stärker auf Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger.
Und zu welchem Ergebnis kommen die Studien, was müsste getan werden?
Beide Studien sind sich einig: Hunger ist immer noch überwindbar! Um dieses Ziel bis 2030 zu erreichen, ist es vor allem wichtig, sofort zu handeln und keine Zeit mehr zu verlieren. Denn je länger wir warten, desto teurer wird eine Welt ohne Hunger. Darüber hinaus müssen die Investitionen in den Ländern Afrikas und Asiens, die am stärksten unter Hunger leiden, bestmöglich abgestimmt werden. Hier werden ganzheitliche Lösungen benötigt, die das gesamte Ernährungssystem in den Blick nehmen und die einzelnen Maßnahmen integrierend zusammenführen. Wesentliche Aussage ist, dass die G7-Länder ihre finanziellen Mittel verdoppeln müssen, um das von ihnen selbst gesteckte Ziel, 500 Mio. Menschen aus Hunger zu befreien, erreichen zu können.
Frauen müssen besser und vor allem gleichberechtigt auf allen Ebenen der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme integriert werden.
Diese Mittel sind u.a. in Ausbildungsprogramme, in die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme und in eine angepasste Modernisierung der Landwirtschaft einzusetzen. Aber wir müssen auch Lieferketten fairer und nachhaltiger gestalten. Außerdem müssen Frauen besser und vor allem gleichberechtigt auf allen Ebenen der Landwirtschafts- und Ernährungssysteme integriert werden. Das Ganze müssen wir immer vor dem Hintergrund eines nachhaltigen Umgangs mit den natürlichen Ressourcen sehen. Wenn diese Ansätze konsequent umgesetzt werden, leisten sie nicht nur einen Beitrag zu SDG2. Diese Ansätze tragen auch zum Erreichen anderer UN-Ziele bei, zum Beispiel SDG13 – den Klimawandel abschwächen, SDG10 – die Reduzierung von Ungleichheiten oder SDG5 – die Teilhabe von Frauen an wirtschaftlicher Entwicklung.
Wie geht es nun weiter mit diesen Erkenntnissen?
Deutschland hat mit der Sonderinitiative „EINEWELT ohne Hunger“ (SEWOH) in den letzten Jahren viel in der globalen Hungerbekämpfung geleistet und wird dies auch zukünftig tun. Aber das allein reicht vor dem Hintergrund der komplexen globalen Herausforderungen nicht aus. Wir brauchen – wie in der SEWOH – einen breiten, wissenschaftsbasierten Ansatz und ein breites Bündnis aller Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die im Rahmen eines starken multilateralen Systems agieren. Vor allem die EU ist hier gefordert, ihre globale Verantwortung bei der Bekämpfung von Hunger und Armut wahrzunehmen. Wir wollen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, unsere Erfahrungen aus der Arbeit der letzten Jahre gewinnbringend für eine Neuorientierung der europäischen Entwicklungspolitik einzubringen.
Als ein Schritt auf diesem Weg wird im Rahmen der Veranstaltung am 13.10. von den Forscherteams ein Aktionsplan für das gemeinsame Handeln zur Erreichung von SDG2 an Bundesminister Dr. Gerd Müller und EU-Kommissarin Jutta Urpilainen übergeben. Als ein weiteres Zeichen, dass verstärktes internationales Engagement dringend notwendig ist, startet direkt im Anschluss die Wiederaufstockungsphase des GAFSP-Fonds der Weltbank, des „Global Agriculture & Food Security Program“. Der Fonds mobilisiert international Gelder, um das globale Ernährungssystem zu stärken und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern resilienter gegenüber Katastrophen zu machen. Auch hier geht Deutschland voran, ist gegenwärtig der wichtigste Geber und führt den Vorsitz im Steuerungsgremium des Fonds.