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Der neue Bundestag hat die Aufgaben nun verteilt. Wie wird sich die Entwicklungszusammenarbeit der kommenden Jahre gestalten, was ist im Kampf gegen globalen Hunger neu zu tun? Hier geben Fraktionsvertreter Antwort.
Die Zielmarke steht. 2030 soll das Jahr des „Zero Hunger“ werden, doch derzeit gerät es eher in die Ferne. Immer mehr Menschen hungern weltweit, Klimawandel und zahlreiche militärische Konflikte erschweren die Lage. Die Sonderinitiative Eine Welt ohne Hunger (SEWOH) hat seit 2014 viele Projekte erfolgreich realisiert, die sich gegen diesen Trend stemmen – in Jahrzehnten gesehen hat sich auch globales Hungern spürbar reduziert. Was ist also zu unternehmen, um der Zielmarke näherzukommen?
Deutschland hat in den vergangenen Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) viel Verantwortung übernommen. Dies wird sich mit der neuen Bundesregierung der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP kaum ändern. Doch wie lautet die Bilanz, was müsste neu her? Dazu habe ich Politikerinnen und Politiker aus dem neuen Bundestag befragt. Im Ergebnis zeigen sich viele Gemeinsamkeiten, aber im Detail auch große Unterschiede.
„In der Vergangenheit können wir auf einige erzielte Erfolge in der EZ zurückblicken, zum Beispiel das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, sagt Sanae Abdi. Die neue entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion fügt hinzu: „Das Lieferkettengesetz muss konsequent umgesetzt und bei Bedarf nachjustiert werden – zum Beispiel bei der Betriebsgröße. Entsprechend werden wir uns auch auf der EU-Ebene dafür einsetzen.“
Deborah Düring skizziert gleich ein größeres Bild. „Armut und Hunger sind auch das Ergebnis sozialer Ungleichheiten und von Konflikten“ sagt die neue Sprecherin für Entwicklungspolitik in der Grünenfraktion.
Selbst bei guter EZ müssen wir an die globalen Strukturen heran: Handel, Lieferketten, Wertsteigerung von Exporten durch die Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort.
Volkmar Klein von der CDU sieht in seiner Bilanz Licht und Schatten. „Die eingeschlagene Richtung der vergangenen Jahre war richtig – mit dem Mix aus humanitärer Hilfe, multilateralen Programmen und dem Ziel einer sich selbst tragenden Entwicklung“, sagt der Sprecher der Unionsfraktion für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Wir haben vieles erreicht, aber angesichts der Gesamtzahlen an global Hungernden können wir nicht zufrieden sein.“
Aus der FDP kommen Zielsetzungen zur Umsetzung:
EZ lässt sich effizienter und stringenter gestalten.
Der Ansatz der Ampel-Koalition, die ODA-Mittel auf Bundesebene stärker zu koordinieren, ist ein erster Schritt in diese Richtung“, sagt Christoph Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Vorsitzender der AG Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der FDP-Bundestagsfraktion, mit Blick auf die Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA). „EZ wird eine weit höhere Bedeutung haben als bisher. Die Klimakrise etwa werden wir nicht hier entscheiden, sondern in Entwicklungsländern. Die dortige grüne Lunge muss erhalten bleiben – bei andauernder Entwicklung. Die Regionen sollten dafür kompensiert werden, dass sie die Finger von Öl und Kohle lassen.“
Lob und Tadel teilt indes Cornelia Möhring aus. Das Mitglied der Linksfraktion im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung schreibt: „Es war richtig, den Etat in den letzten Jahren so deutlich aufzustocken, auch wenn dieser - im Angesicht der weltweiten Krisen und vor allem des Klimawandels - natürlich immer noch zu niedrig ist.
Leider ist die langfristige Finanzierung vieler Projekte nicht gesichert. Problematisch ist zudem, in welche Projekte die Gelder gehen und welche Interessen verfolgt werden. So wurden zum Beispiel in den letzten Jahren immer mehr Gelder in Projekte gesteckt, die im Kern eine repressive Fluchtabwehr betreiben, beispielsweise durch die Aufrüstung von Grenzen und Sicherheitsleuten.“
Zu einer grundsätzlich anderen Zusammenfassung kommt Markus Frohnmaier, Sprecher für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der AfD-Fraktion: „Die Entwicklungshilfepolitik mit der Gießkanne ist kolossal gescheitert. Sie hat das Leben der Menschen in den Entwicklungsländern nicht verbessert, jedoch politische Korruption genährt und deutsches Entwicklungsgeld verschwendet“, schreibt er. „Unter dem Entwicklungsminister der Vorgängerregierung, Dr. Gerd Müller, wurde der Entwicklungsetat zwischen 2014 und 2021 ungefähr verdoppelt. Gebracht hat das nichts. Das Scheitern der Entwicklungshilfepolitik der vergangenen 20 Jahre wird durch den Fall Afghanistans am besten illustriert.“
Insgesamt weiter auseinander klaffen die Differenzen zwischen den Fraktionen, wenn es um die Frage geht, was gegen globalen Hunger getan werden solle. „Wir brauchen einen noch stärkeren Fokus auf sich selbst tragende Entwicklung, auf die Schaffung von Bildung und Jobs“, sagt Klein von der Unionsfraktion. „Wichtiger wird werden, dass Produktionen verlässlich sind und sich etwa Möglichkeiten ergeben, Energie nach Europa zu verkaufen.“ Den im vergangenen Jahr abgehaltenen UN-Gipfel zu Ernährungssystemen bewertet Klein differenziert: „Der Food Systems Summit war nicht überflüssig, aber auch keine Initialzündung. Bilateral und multilateral gibt es ja schon viele Aktivitäten.“
Ähnlich sieht es Hoffmann von der FDP: „Der UN Food Systems Summit ist ein Beispiel dafür, wie ein Aufbau paralleler Strukturen betrieben wird, wenn es nicht gut läuft. Das gab es schon früher.“ Hoffmann bestätigt, dass die Nachhaltigkeitsziele bestehen bleiben.
Es ist indes wichtig, mehr Investitionen als Almosen zu tätigen. Wir brauchen mehr messbare Ergebnisse.
Daher möchte ich auch mehr als bisher die Meinung von unseren Partnern in den Entwicklungsländern abfragen, sodass wir nicht nur innenpolitisches, sondern auch Feedback von den Betroffenen erhalten. Dadurch werden wir auch befähigt, unsere Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen.“ Als einen wichtigen Schwerpunkt macht Hoffmann Krisenprävention aus. „Manche Entwicklungen sieht man einfach kommen.“
Abdi von der SPD setzt bei ihren Schwerpunkten mitunter auf Ökologie: „Die nötigen Schwerpunkte der EZ werden auf der nachhaltigen Ausgestaltung globaler Lieferketten, der Ernährungssicherheit und globalem Klimaschutz liegen“, sagt sie. „Sowohl aus ökologischen wie auch sozialen Gründen sind chemische Pestizide kritisch zu sehen. Sie bringen Kleinbauern in Abhängigkeiten. Damit werden wir uns befassen.“ Die SPD werde sich für eine sozial- und umweltverträgliche Landwirtschaft allerorten einsetzen. „Klima- und Umweltschäden sollten nicht an anderer Stelle entstehen.“
Diesen Ansatz der Agrarökologie nimmt Düring von den Grünen auf. „Agrarökologie hat sich das BMZ schon auf die Fahne geschrieben“, sagt sie. „Aber es muss mehr umgesetzt werden, mehr in den Fokus geraten.“ Eine Klammer sieht Düring im Klimaschutz.
Die Klimakrise muss in den Schwerpunkt aller Politikbereiche fallen.
Sie aufzuhalten ist nicht nur Aufgabe des Umweltministeriums.“ Es müsse nun ressortübergreifend strukturpolitisch gearbeitet werden, „und zwar zu Schulden, Handelsverträgen und zur Agrarpolitik.“
Möhring formuliert ihren Ansatz aus der Opposition heraus genereller und schärfer: „Um Staaten nachhaltig und langfristig darin zu unterstützen, ihre eigene Bevölkerung zu versorgen, müssen sowohl Freihandelsabkommen, die es Staaten verunmöglichen eine eigene Wirtschaft aufzubauen, ausgesetzt werden, als auch die Landwirtschaft selbst zu einer nachhaltigen Produktionsweise umgebaut werden, beispielswiese durch eine Förderung der Agrarökologie. Der Einfluss großer Agrarkonzerne muss zurückgedrängt werden.“
In gegensätzlicher Richtung ist Frohnmaier von der AfD unterwegs. „Ich trete für einen grundsätzlichen Richtungswechsel in der Entwicklungshilfepolitik ein“, schreibt er. „Die Entwicklungshilfe muss sich kohärent mit der Außen- und Außenwirtschaftspolitik Deutschland an strikt an den deutschen Interessen ausrichten. Im Fokus stehen vor diesem Hintergrund die Abwehr unerwünschter und illegaler Migration und damit einhergehend der Abbau fehlerhafter Anreize, die Rückführung illegaler Migranten, die Verbesserung der wirtschaftlichen Kooperation Deutschlands mit Entwicklungs- und Schwellenländern, die Erschließung von Märkten und Ressourcen.“
Aus vergangenen Fehlern lernen, Ungerechtigkeiten ins Visier nehmen und ein Fokus auf Klimaschutz und Ökologie: Das sind die sich herauskristallisierenden Punkte, auf welche die befragten Bundestagsfraktionen setzen – durchaus zuweilen eine gemeinsame Schnittmenge.