Newsletter-Anmeldung
Verpassen Sie nichts!
Wir versorgen Sie regelmäßig mit den wichtigsten Neuigkeiten, Artikeln, Themen, Projekten und Ideen für EINEWELT ohne Hunger.
Newsletter-Anmeldung
Verpassen Sie nichts!
Wir versorgen Sie regelmäßig mit den wichtigsten Neuigkeiten, Artikeln, Themen, Projekten und Ideen für EINEWELT ohne Hunger.
Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung.
Im September 2021 vertaten Shamika Mone vom „Inter-continental Network of Organic Farmers Organisations‟ (INOFO, Inter-kontinentales Netzwerk Organischer Bauernverbände) und Elizabeth Nsimadala von der „Eastern Africa Farmers Federation‟ (EAFF, Ostafrikanischer Bauernverband) ihre Verbände auf dem „UN Food Systems Summit‟. Wie lassen sich regionale Bedürfnisse, internationalen Verhandlungen und persönliche Ansprüche vereinen?
Shamika Mone öffnet ihren Laptop, im Hintergrund muht eine Kuh. Sie hat gerade eine Bestandsaufnahme ihrer Reisernte vorgenommen. „Zu viele Wildschweine“, murmelt sie, „sie graben sich sogar unter dem Zaun durch, wir haben etwa die Hälfte unserer Feldfrüchte verloren.“ Sie vertraut auf ihrer Farm in Shoranur, Palakkad, Kerala in Indien auf traditionelle Saaten. Dann ertönt ein Piepton. Elizabeth Nsimadala aus Kigali in Uganda tritt der Sitzung bei. „Es regnet gerade sehr stark, können Sie mich hören?“ Dann: „Einen Moment, ich gehe zu meinem Auto, da ist der Empfang besser.“ Zwei Minuten später beginnt das Gespräch. Mone und Nsimadala sind beide Landwirtinnen. Beide repräsentieren außerdem ihren Beruf und haben an dem „UN Food Systems Summit‟ teilgenommen. Angesichts des Balanceakts zwischen ihren eigenen Farmen, den regionalen Bedürfnissen der kleinen Landwirtschaftsbetriebe und den Verhandlungen auf internationaler Ebene ist die erste Frage an die beiden Frauen offensichtlich.
Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Shamika Mone: Es ist eine Frage des Zeitmanagements. Ich entwickle diese Fähigkeiten langsam, weil ich mir den Ausgleich zwischen der landwirtschaftlichen Tätigkeit und der Computerarbeit bewahren muss.
All diese Positionen, die Arbeit für die Organisationen sind ehrenamtlich. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt mit meiner Farm.
Sehen Sie sich als Vertreterin der kleinen Landwirtschaftsbetriebe?
Elizabeth Nsimadala: So sehe ich mich nicht. Die Landwirt:innen haben mich in einem demokratischen Wahlverfahren zu ihrer Vertreterin gewählt, direkt von meiner kleinen Kooperative bis hin zur internationalen Ebene mit der „National Alliance of Agricultural Cooperatives‟ (NAAC, Nationale Allianz lanwirtschaftlicher Kooperativen) in Uganda, der „Eastern Africa Farmers Federation‟ (EAFF, ostafrikanische Bauernvereinigung) und der „Pan Africa Farmers Organisation‟ (PAFO, panafrikanische Bauernverband) ausgewirkt. Ich selbst bin Kleinbäuerin, ich baue Kaffee und Bananen an und produziere Bananenwein.
Landwirt:innen müssen in erster Linie Landwirt:innen sein und dann für sich selbst sprechen.
Sie haben am UN Food Systems Summit im September teilgenommen. Warum?
Shamika Mone: Als die Konferenz in den Fokus rückte, rieten uns viele Organisationen, Kreise und Netzwerke, diesen Gipfel als Ganzes abzulehnen. Es gab auch Partner, die uns sagten, wir sollten nicht teilnehmen, da sowieso alles von internationalen Unternehmen gekapert werde. Wir versuchten inmitten dieser vielen widersprüchlichen Meinungen den richtigen Weg zu finden. Schließlich beschlossen wir, daran teilzunehmen.
Um ein System zu ändern, muss man zunächst Teil desselben werden.
Von außen lässt sich ein System nicht ändern. Und wir waren aktiv an dem System beteiligt. Wir wollten ein Bewusstsein für die Nahrungssysteme schaffen, was bisher nicht vorhanden ist – und wenn dies mit der UN möglich wäre, wäre das wundervoll. Darüber hinaus wollten wir einen Dialog unter den Bio-Landwirt:innen anregen, um Lösungen zu entwickeln. Davon gibt es viele! Warum nutzen wir dies nicht als Plattform, um Bewusstsein für lokal angebotene Nahrungslösungen zu schaffen? Die unabhängigen Gespräche bei der Konferenz waren eine faszinierende Idee für uns. Zum ersten Mal in der Geschichte wurden Organisationen kleiner Bio-Landwirtschaftsbetriebe gebeten, ihre Meinung zu Nahrungssystemen zu äußern.
Elizabeth Nsimadala: Ich schätze es, dass die UN wirklich eine Plattform für die Rechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bereitgestellt hat. Es war die erste Konferenz, bei der Landwirtschaftliche Verbände bis zur höchsten Ebene vertreten waren. Wenn Sie über Nahrungsmittel sprechen, müssen Sie auch über Landwirt:innen sprechen. Es war unser Recht und kein gewährtes Privileg, an der Konferenz teilzunehmen. So haben wir sichergestellt, nicht nur unsere Bedürfnisse, sondern auch unsere Bereitschaft für die Zukunft kundzutun, wenn es darum geht, unsere Nahrungssysteme zu ändern – und das nicht nur als Adressaten, sondern als Partner.
Unser Aufruf zum Handeln richtet sich an Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die Fairness, Gerechtigkeit, ein neues Machtgleichgewicht und einen echten Mehrwert für Nahrung fordern, wenn wir die Nahrungssysteme ändern wollen.
Hatten die kleinen Landwirtschaftsbetriebe einen Einfluss auf das Ergebnis der Konferenz?
Shamika Mone: Das ist eine interessante Frage. Es hatte zweifelsohne eine Wirkung. Wir beobachteten, wie sich bei der Vorkonferenz und der Konferenz Kanäle öffneten. Darüber hinaus finden jetzt Gespräche zwischen Regierungen und Zivilgesellschaften statt. Das ist gut. Nun müssen wir abwarten, ob diese Gespräche tatsächlich zu Projekten und Unterstützung für die Landwirt:innen führen. Die Türen sind offen.
Elizabeth Nsimadala: Die Tatsache, dass wir als kleine Landwirtschaftsbetriebe als zu den Nahrungssystemen Beitragende anerkannt werden, ist in der Tat etwas ganz Besonderes, das viel bewirkt hat. Es bleibt die Frage, wie wir diesen Erfolg in Maßnahmen umsetzen können. Das wird noch passieren müssen. Kleine Landwirtschaftsbetriebe müssen in die unterschiedlichen Koalitionen und nationalen Programme eingebunden werden. Sie sollten die nationalen Regierungen in die Pflicht nehmen, denn genau hier setzen die Maßnahmen an, die wir vor Ort umsetzen müssen. Und so können wir unsere nächsten Schritte in die Wege leiten.
Hatten Sie den Eindruck, dass Sie möglicherweise eine Alibifunktion hatten?
Shamika Mone: Vielleicht ja. Ich bin nicht so sicher. Da jedoch Landwirt:innen bisher üblicherweise nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden, ist dies ein Fortschritt. Jetzt müssen wir dafür Sorge tragen, dass die während der Konferenz besprochenen Ideen auch vor Ort umgesetzt werden.
Elizabeth Nsimadala: Wir erhielten eine Plattform, um unsere Ideen und Vorschläge zur Sprache zu bringen. Dies war ein offener und ganzheitlicher Prozess, der Raum für alle bot. Man kann eine Schlacht nur auf dem Schlachtfeld gewinnen. Können unsere Ideen nicht umgesetzt werden, haben wir zumindest eine Grundlage geschaffen, ohne gleich den ganzen Prozess boykottieren zu müssen. Unsere Mitwirkung bildet eine gute Grundlage, um Maßnahmen zu prüfen und Systeme wie die UN oder nationale Regierungen in die Verantwortung zu nehmen.
Darüber hinaus wird auf internationaler Ebene auch die Frage erörtert, wie nachhaltig und ökologisch Landwirtschaft sein sollte. Wie betrifft diese Frage Sie als Landwirtinnen vor Ort?
Shamika Mone: In den letzten Jahrzehnten wurde bei internationalen Veranstaltungen nur wenig über Agrarökologie gesprochen. Doch ich bin froh, dass aufgrund der Bemühungen der vorherigen Leitungen unserer Organisationen die Menschen jetzt zumindest über nachhaltige und ökologische Landwirtschaft sprechen. Das Thema wird diskutiert. Dies ist ein erster Fortschritt. Auch wenn es noch keine unmittelbare Wirkung hat, erzielt es eine langfristige Wirkung durch Bewusstsein und führt zu verschiedenen Projekten. Viele Organisationen wollen jetzt nachhaltiger und umweltfreundlicher handeln. Allerdings kann es auch sein, dass Begriffe falsch verwendet werden. Und auch hier sollte man aufpassen.
Elizabeth Nsimadala: Was wir bei Menschen mit mittlerem Einkommen und wohlhabenderen Bürgern beobachten, ist ein Wandel und ein deutliches Umdenken in puncto gesunder Ernährung. Es ist jedoch wichtig, dass wir nicht nur reden und fordern, sondern auch handeln. Kleine landwirtschaftliche Betriebe sind gewillt, sich mit der ökologischen Erzeugung zu befassen, doch leider müssen hierfür gewisse Investitionen getätigt werden. Wie belohnt man Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, wenn man möchte, dass sie Bio-Nahrungsmittel produzieren?
Wie belohnt man Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, wenn man möchte, dass sie Bio-Nahrungsmittel produzieren?
Die Erzeugung von Bio-Nahrungsmitteln ist aufwendig. Dies sollte entsprechend honoriert werden.
Ist das weltweit ohne chemische Düngemittel und Pestizide möglich?
Elizabeth Nsimadala: Ich sehe eine wachsende Nachfrage nach und einen zunehmenden Fokus auf Biodünger. Alles ist möglich. Wir müssen nur alle dafür begeistern. Man muss es als eine Art Revolution betrachten und die erforderlichen Investitionen und Infrastrukturen bereitstellen.
Wir Farmer sind bereit und wünschen uns, dass alle anderen genauso denken.
Shamika Mone: Weltweit ist sicherlich alles möglich. Es erfordert nur tatsächliche drastische Schritte, nicht nur in der Theorie und auf Veranstaltungen. Wir müssen uns entscheiden. Entweder wollen wir die Biodiversität bewahren oder chemische Pestizide und Dünger einsetzen – beides gleichzeitig ist nicht möglich. Die meisten Landwirt:innen wissen so gut wie nichts über Bio-Landwirtschaft. Wir müssen sie daher in die Lage versetzen, eine Wahl zu treffen. Bio-Landwirtschaft ist mehr wissensbasiert. Wir dürfen Farmer nicht in die eine oder andere Richtung drängen, sondern müssen sie befähigen, eine Entscheidung zu treffen.