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Seit dem Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 sind die globalen Lebensmittelpreise stark angestiegen. IFPRI berichtet darüber, was die Datenlage für den Hunger weltweit bedeutet und wie wir die nächste Lebensmittelpreiskrise verhindern können.
Die globalen Lebensmittelpreise steigen dramatisch an. Im Januar stiegen laut Lebensmittelpreis-Index der FAO die Preise für Grundnahrungsmittel beinahe auf das Niveau während der weltweiten Lebensmittelpreiskrisen 2007 bis 2008 und 2010 bis 2011 (Abbildung 1). Dieser Anstieg hat Sorgen bezüglich einer weiteren globalen Lebensmittelkrise geweckt, die weltweit soziale Unruhen befeuern könnte.
Sind diese Sorgen gerechtfertigt? Kurz gesagt: Ja und nein. Die Lebensmittelmärkte sind angesichts ausreichender bis guter Ernteaussichten und hoher Bestände der wichtigsten Grundnahrungsmittel heute besser gerüstet als während der Krise vor einem Jahrzehnt. Der hohe Anstieg der Lebensmittelpreise im Jahr 2021 ist hauptsächlich der Erholung der Nachfrage nach Lebensmitteln nach der globalen Rezession durch Corona und den zeitweiligen Unterbrechungen der Lieferketten geschuldet – und nicht schwerwiegenden Störungen der Nahrungsmittelversorgung oder anhaltenden Handelsbeschränkungen. Der erhebliche Lebensmittelpreisanstieg muss daher nicht dauerhaft anhalten.
Selbst ein relativ kurzzeitiger Anstieg kann die Ernährungssicherheit für arme und vulnerable Menschen beeinträchtigen.
Daher ist die erhebliche Inflation der Lebensmittelpreise in vielen einkommensschwachen Ländern ein gravierendes Problem.
Betrachten wir diese Entwicklung genauer.
Zunächst einmal ist zu beachten, dass die drastische Veränderung der internationalen Handelswaren Preise im direkten Jahresvergleich 2021 teilweise das Ergebnis eines „Basiseffekts" ist, das heißt, eines Wiederanstiegs der Preise ausgehend von dem zehnjährigen Tiefstpreis im Mai 2020. Die Preise waren durch die wirtschaftliche Rezession aufgrund der Lockdown-Maßnahmen und weiterer Corona-bezogener Einschränkungen der sozialen Mobilität in weiten Teilen der Welt ab März 2020 gefallen.
Doch nicht alles wird teurer. Die Entwicklungen schwanken je nach Grundnahrungsmitteln. (Abbildung 2).
Die Preise für Reis erhöhten sich beispielsweise vor dem Beginn der Lockdown-Maßnahmen im Zuge der Pandemie Anfang 2020, sanken jedoch anschließend während der einsetzenden Corona-Rezession und einige der reisproduzierenden Länder setzten ihre Exportbeschränkungen aus. Nach dem Wiederanstieg durch globale Erholung sind die internationalen Reispreise jetzt in Anbetracht der guten Ernte- und Produktionsaussichten wieder auf das Niveau vor der Pandemie gesunken.
Im Gegensatz dazu fielen die Preise für Weizen, Mais und Sojabohnen in der ersten Jahreshälfte 2020 und erholten sich anschließend während der zweiten Jahreshälfte. Dieser Wiederanstieg sowie der Wiederanstieg der Preise für Nonfood-Handelswaren waren größtenteils der Erholung der Nachfrage aus China und, im Fall von Weizen, geringeren Produktionsmengen nach Dürren in mehreren Haupterzeugerregionen (USA, Kanada, Europäische Union, Türkei und Iran) geschuldet. Der Anstieg der Mais- und Sojabohnenpreise endete jedoch in der zweiten Jahreshälfte 2021 nach erwarteten Rekordproduktionsmengen für Mais in den USA und Brasilien und größeren Sojabohnenanbauflächen in den USA.
Die Erholung der weltweiten Nachfrage war ein wesentlicher Einflussfaktor für den starken Anstieg der Preise internationaler landwirtschaftlicher Erzeugnisse – mehr als Corona-bezogene Lieferkettenunterbrechungen.
Die Situation an den Märkten verschärfte sich aufgrund einer ungewöhnlich hohen Nachfrage nach Tierfutter und Agrarprodukten für den industriellen Gebrauch, wobei die Nachfrage aus China einen erheblichen Einfluss hatte. Die Wachstumsaussichten der chinesischen Wirtschaft verschlechterten sich jedoch zum Ende des Jahres 2021 und werden den Druck auf die globalen Preise für Nahrungsmittel voraussichtlich abschwächen. Lieferunterbrechungen, die eher Wetterbedingungen als der Pandemie geschuldet waren, hatten weniger Einfluss auf die Preisanstiege. Während Handelsbeschränkungen eine wesentliche Rolle bei der Verstärkung der globalen Inflation der Lebensmittelpreise in den Jahren 2007 bis 2008 und 2010 bis 2011 spielten, erwiesen sie sich während der aktuellen Krise als kurzlebig. Der aktuelle Anstieg der Lebensmittelpreise könnte Regierungen jedoch dazu veranlassen, neue Handelsbeschränkungen einzuführen, wie bereits in Russland (Weizen), Argentinien (Rindfleisch), Indonesien (Palmöl) und China (Düngemittel) geschehen. Zu den weiteren Faktoren, die den Aufwärtstrend der internationalen Lebensmittelpreise 2021 beeinflusst haben, zählen der Anstieg der Düngemittelpreise, der Wertverlust des US-Dollars (bis Mitte 2021) sowie steigende internationale Frachtkosten.
Insgesamt blieben die internationalen Märkte für Grundnahrungsmittel belastungsfähig und die weltweite Versorgung bei nur kurzfristigen logistischen Engpässen stabil.
Dies bedeutet nicht, dass alles gut ist.
Die Preisanstiege an den internationalen Rohstoffmärkten bedrohen die Ernährungssicherheit.
Das Problem ist besonders für die arme Bevölkerung in Ländern mit niedrigem Einkommen akut, wo steigende Lebensmittelimportkosten die Wirtschaft und das Einkommen der Bevölkerung schwer belasten, da Lebensmittel etwa die Hälfte des Verbraucherwarenkorbs und 20 Prozent der Importe ausmachen. Der Anstieg der internationalen Grundnahrungsmittelpreise erklärt etwa 40 Prozent des gesamten Verbraucherpreisanstiegs in Ländern mit niedrigem Einkommen im ersten Quartal 2021 – ein sehr viel höherer Anteil als in Ländern mit mittlerem Einkommen (Abbildung 3).
Die jüngste weltweite Rezession hatte die Nachfrage nach Exporten aus Ländern mit niedrigem Einkommen bereits reduziert und zu sinkenden Wechselkursen geführt, die die Binnenpreise für importierte Lebensmittel zusätzlich erhöhten. Die Binnenpreise für Lebensmittel erhöhten sich um weit über 10 Prozent (im direkten Jahresvergleich) in Äthiopien, Gambia, Guinea, Haiti, Malawi, Mosambik, Sierra Leone und dem Südsudan.
Steigende Lebensmittelpreise haben eine größere Auswirkung auf Haushalte mit geringem Einkommen, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Der Anstieg der Lebensmittelpreise für Verbraucher:innen in vielen Ländern mit niedrigem Einkommen erklärt teilweise die jüngste Verschärfung der weltweiten Nahrungsmittelunsicherheit. Weitere Nachweise zeigen, dass die Pandemie die Qualität der Ernährung beeinträchtigt hat und weiterhin beeinträchtigt.
Die Rezession durch Lockdown- und andere Pandemie-Maßnahmen hat vor allem weniger wohlhabende Haushalte gezwungen, auf billigere und kalorienreichere Grundnahrungsmittel zurückzugreifen.
Dies geht zu Lasten nährstoffreicher Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Lebensmittel aus tierischen Quellen. Der Preisanstieg bei nährstoffreicheren Lebensmitteln, der bislang höher war als bei Getreide, hat diese Verschiebung vermutlich verstärkt.
Diese Entwicklungen sind zweifelsohne besorgniserregend. Es besteht jedoch kein Grund für Panik vor einer möglichen weiteren weltweiten Lebensmittelpreiskrise. Die Produktionsaussichten für Grundnahrungsanbauprodukte für die Saison 2021/22 sind positiv und die weltweite Nachfrage geht in Anbetracht der verlangsamten wirtschaftlichen Erholung in China und anderen großen Wirtschaftsregionen zurück. Auch wenn weiterhin Unsicherheiten bestehen, werden diese Bedingungen den Inflationsdruck in den internationalen Handelswarenmärkten 2022 reduzieren. Ungeachtet dessen bietet dies vielen armen Menschen möglicherweise nicht wirklich eine Erleichterung, da sich die weltweite Erholung in Anbetracht neuer Corona-Wellen ebenfalls verlangsamt. Arme Landwirtschaftsbetreibende mögen angesichts steigender Lebensmittelpreise höhere Einnahmen erzielen, sind aber meist Nettolebensmittelverbrauchende. Regierungen in Ländern mit niedrigen Einkommen verfügen nur über sehr begrenzte finanzielle Mittel zum Schutz der Kaufkraft einkommensschwacher Familien und um zu verhindern, dass höhere Lebensmittelpreise die Nahrungsmittelunsicherheit erhöhen und die Ernährungsqualität weiter verschlechtern. In Anbetracht der weltweiten Auswirkungen der Lebensmittelpreisinflation sollte die Stärkung dieser Mittel durch zusätzliche finanzielle Unterstützung eine unmittelbare Priorität der internationalen Gemeinschaft sein.
Geschrieben von IFPRI Director of the Markets, Trade and Institutions Division (MTID) Rob Vos und MTID Senior Research Fellows Joseph Glauber, Manuel Hernández und David Laborde. Der Artikel wurde zuerst am 11. Februar 2022 auf ifpri.org veröffentlicht.